FOTO-WANDERUNG 68 – VON DER MACHERBACHER KAPELLE ZUM ILLINGER BURGPARK
Es ist Mai, jener Monat also, der wie kein anderer für das Erwachen der Natur, für Frühling, für Hoffnung und Aufbruch steht. Der Mai ist im Grunde der Gegenpol zum Düstermonat November, über Generationen und Epochen hinweg sehnsuchtsvoll erwartet nach den kalten, dunklen Wintermonaten.
„Der erste Tag im Monat Mai/Ist mir der glücklichste von allen“, lauten die beiden ersten Zeilen eines Maigedichts von Friedrich von Hagedorn. Nun gut, Hagedorn lebte zu Beginn des 18. Jahrhunderts, in dem man sehr viel ursprünglichere Naturvorstellungen hatte und damit auch die Jahreszeiten und deren Gegensätze und Unterschiede erheblich intensiver erlebte.
In Hagedorns Geburtsjahr 1708 fällt, nebenbei erwähnt, der kälteste Winter der letzten 500 Jahre in Europa.
Aber um beim Mai und bei Mailiedern und Maigedichten zu bleiben – ein paar Jahrzehnte nach Hagedorn dichtete Goethe sein „Mailied“ („Wie herrlich leuchtet mir die Natur!“) und im etwa zur gleichen Zeit entstandenen, ebenfalls „Mailied“ genannten Gedicht von Hölty heißt es: „Drum komme, wem der Mai gefällt, Und freue sich der schönen Welt.“
Lange vor Goethe und Hölty, zu einer Zeit, in der noch in jedem vom Wind bewegten Grashalm das Wirken einer übernatürlichen Macht gesehen wurde, war der Mai das Tor zum Frühling und zugleich das Ende von Winter und Kälte. Siehe beispielsweise das Volkslied „So treiben wir den Winter aus“ mit den Zeilen: „… den Sommer bringen wir herfür, den Sommer und den Maien.“
Es ist meine erste Maiwanderung für dieses Jahr. Der Frühling ist, wie nicht anders zu erwarten, sehr präsent. Grüne Wiesenteppiche, von keinem noch so winzigen Hauch von Dunst oder Nebel beeinträchtigte Sichtfelder, der Wald hell wie ein illuminiertes Aquarium.
Den größten Teil der heutigen Tour kenne ich bereits von anderen Wanderungen, aber das tut dem Wandervergnügen keinen Abbruch. Bekanntes und Unbekanntes zu verbinden hat ohnehin seinen Reiz.
Länge der Wanderung: ca. 20 Kilometer
Slideshow mit ausgewählten Fotos
Die Wanderung beginnt bei der Kapelle St. Josef zweihundert Meter vom Ortsrand des winzigen Dorfes Macherbach entfernt. Macherbach gehört zur saarländischen Gemeinde Eppelborn.
Es ist kurz nach acht Uhr am Morgen. Von der Kälte der vergangenen Regentage ist nichts übriggeblieben. Aber das morgendliche Licht ist erst in den Baumwipfeln angekommen, arbeitet sich von dort Minute um Minute stammabwärts.
Ich wandere in den Morgen oder vielmehr Vormittag hinein.
Der erste Teil der Wanderung führt über oft unbeschilderte Wege und Pfade von Macherbach nach Dirmingen, auf dem zweiten Teil der Wanderung werde ich mich dann am Warken-Eckstein-Weg orientieren.
Lichträume, Schattenräume
Wieder einmal nutze ich das ausgedehnte Asphaltwegenetz zwischen den Dörfern.
Ein kurzes Stück laufe ich an der Autobahn entlang, dann wende ich mich in Richtung Dirminger Wald. Hier verlaufen etliche Pfade, auf denen man viele Kilometer durch den Wald wandern könnte, ohne ihn zu verlassen.
Die Historie dieser Gegend ist wieder einmal eine Historie von ständig sich verschiebenden Grenzen, die zeitweise unmittelbar benachbarte Dörfer trennten. Dirmingen gehörte jahrhundertelang zum Gebiet der Grafen von Nassau-Saarbrücken. Einige Jahrzehnte lang war es aber auch französisch, ehe es 1816 zu Preußen kam. Seit der Gebietsreform Anfang der 1970er Jahre ist es ein Ortsteil Eppelborns.
Auf schmalem Pfad
Mit fortschreitender Zeit wird es wärmer und wärmer. Allerdings sind die Temperaturen von sommerlicher Hitze zum Glück noch weit entfernt. Es ist trotzdem ein Kontrastprogramm zu den vielen Regentagen der vergangenen Monate. Im Moment sind die Wege oft noch so flach wie Scheibengalaxien, aber nicht lange und das ändert sich grundlegend, denn zunächst wandere ich ganz ins Tal hinab und von da beinahe sofort wieder bergan.
Auf Dirmingen zu
Mitten in Dirmingen stoße ich wie geplant auf den Warken-Eckstein-Weg, der in Hasborn beginnt und bis Bildstock nordöstlich von Saarbrücken führt. Hinter Dirmingen bin ich von jetzt auf gleich nur noch von Landschaft umgeben. Ich wandere einen Asphaltweg entlang, der im hellen Frühlingslicht wie frei in der Luft schwebend aussieht. Ab und zu muss ich wegen eines entgegenkommenden Autos auf den Wiesensaum am Wegrand ausweichen, dennoch ist es ein völlig entspanntes Gehen.
Blick zurück
Als jemand, der sehr viel geht und wandert, ist man irgendwie immer auf dem Weg, und sei es auch nur in Gedanken an Wanderungen, die demnächst anstehen. Eine Wanderung beginnt im Grunde nicht mit dem ersten Schritt, sondern bereits mit dem ersten Gedanken daran.
Alles blüht
Natürlich sieht man auch von hier aus den Schaumberg, mit gut 560 Metern die höchste Erhebung der Umgebung.
Nächstes Etappenziel ist nun Wustweiler. Bis dahin führt der Weg oft durch Wald und verläuft in großen Schleifen. Kann sein, dass ich Tomaten auf den Augen habe, aber an manchen Stellen ist der Warken-Eckstein-Weg nicht auffindbar oder sehr missverständlich ausgeschildert. Da ich den Weg vor einigen Jahren schon mal in umgekehrter Richtung gewandert bin, kenne ich den Verlauf aber noch in groben Zügen.
Und wieder wunderbarer Frühlingswald
Brunnen und Bank am Ortsrand von Wustweiler
Oberhalb von Wustweiler
Stiller Blick über Hügel und Wiesen. Das Gebäude links hat den Namen Statio Dominus Mundi und ist eine im Jahr 2002 errichtete Privatkapelle.
Von Dirmingen nach Wustweiler ist ein ordentliches Stück zurückzulegen, dafür geht es danach dann blitzschnell. Ehe ich mich versehe, bin ich auch schon in Hüttigweiler gelandet, laufe durch ein paar Ortsstraßen und …
… habe dann nur noch rund zwei Kilometer bis Illingen zu gehen, vorbei an diesem schiefen Stein.
So eine Frühlingswanderung ist doch was Erbauliches.
Im Illinger Burgpark
Der Abschluss für heute – Rundturm der ehemaligen Burg Kerpen
2 Comments
Jana
Die Texte deiner Fotowanderungen werden (zu meiner Freude) auch immer intensiver. So erfährt man neben den schönen Fotos, die hier eindeutig im Fokus stehen, noch Interessantes über die Gegenden. Und wie schön, wenn man diese herrliche Natur fast vor der Haustür hat!
Liebe Grüße
Jana
Torsten Wirschum
Ja, bei den Fotowanderungen fand eindeutig auch eine Entwicklung statt, liebe Jana.:-) Ungefähr diesen Textanteil möchte ich jetzt auch beibehalten. Was die Gegend hier betrifft, hast du vollkommen recht – ich kann viele Touren im Prinzip von der Haustür aus beginnen.:-) Dabei entdecke ich dann nicht selten sogar noch völlig Neues.
Liebe Grüße
Torsten