Wandertouren

TOUR 3: EIN ROTER FADEN, TEIL 2

Hannover: „Roter Faden“ – Maschsee – Ricklinger Kies-

teiche – Bahnhof

 

IMG_0250Nachdem wir uns auf die vorbestellten ebikes geschwungen

haben, geht es so rasch wie möglich zurück zum

Neuen Rathaus, dem Punkt, an dem wir unsere Tour eine

knappe Stunde zuvor unterbrochen haben.

Im Laufe der nächsten Stunden werde ich eine Über-

raschung erleben: Ich werde das Fahren mit dem ebike

nämlich so sehr zu schätzen lernen, dass ich kaum noch

absteigen will. Ich werde das Gefühl haben, zu einer

nahezu perfekten Mensch-Maschine-Einheit zu mutieren,

die „geheimnisvollen Tore des Unmöglichen aufzubrechen“,

wie Marinetti es vor über einem Jahrhundert in seinem

Futuristischen Manifest formulierte.

 

Gut, sobald ich den Motor abstelle, ist es damit

schlagartig vorbei und ich muss ziemlich in die Pedale

treten, um nicht zu einem wandelnden Verkehrshindernis

zu werden. Dass einmal eine Frau mit im Wind flat-

terndem Mantel auf einem uralten, kaum als Fahrrad

zu erkennenden Vehikel mühelos an uns vorbeizieht,

wirft einen allerdings nicht allzu dunklen Schatten auf

meine Begeisterung.

Insgesamt jedoch wird mein Fazit am Ende dieses Tages,

was die ebikes betrifft. sehr positiv sein.

 

Dass das Fahren auf dem „Roten Faden“ sich als recht

mühselig erweist, da wir oft vor lauter Absteigen und

Umkurven von Hindernissen kaum vorankommen, haben

wir einkalkuliert und deshalb stört es uns nicht weiter.

 

Ein flüchtiger Blick in eine längst vergangene Zeit

 

IMG_0255Eine der visuell und zugleich auch atmosphärisch

ansprechendsten Örtlichkeiten der Tour ist die

Schlossbrücke.

Für einen Moment ist es, als hätte man an einem

Ring gedreht, der einen flüchtigen Blick in eine

längst vergangene Zeit erlaubt. Die Brücke wäre

keine schlechte Kulisse für einen Fechtkampf auf

Leben und Tod.

Beeinträchtigt, um nicht zu sagen zerstört wird die

Illusion allerdings durch ein Ruderboot, das gerade

unter der Brücke hindurchgleitet. Die roten Rettungs-

westen der Ruderer sehen nicht gerade nach 17. Jahr-

hundert aus.

 

IMG_0260Kurz darauf befinden wir uns auf dem Ballhofplatz.

Er liegt da wie eine entlegene Insel in einem rauschenden

Meer von Lärm und Hektik. Die Wogen des nachmit-

täglichen Straßenverkehrs fluten daran vorüber, ohne ihn

zu erreichen. Menschen mit Muße sonnen sich auf Liegen

oder schlendern, offensichtlich von jedem Zeitdruck be-

freit, darüber hin.

 

Ungefähr eine halbe Stunde lang geben auch wir uns

der Entschleunigung hin, werden zu beobachteten Beob-

achtern.

Ein paar Ecken weiter sind wir dann aber wieder mitten

im Geschehen. Wir fahren in gemäßigtem Tempo durch

die mal mehr, mal weniger belebten Gassen der Altstadt.

An einer engen, unübersichtlichen Stelle kann ich gerade

noch einem drei- oder vierjährigen Kind ausweichen,

das mitten im Getümmel auf dem Straßenpflaster hockt.

Die unmittelbar danebenstehende Mutter hat dazu nichts

weiter zu bemerken als: „Siehst du, die Leute müssen dir

alle ausweichen!“

 

Ein größerer Teich

 

In uns erwacht nun der Wunsch, unseren ebikes endlich

die Sporen zu geben. Wir verzichten darauf, uns noch

zum Kröpcke, dem großen, zentralen Platz Hannovers,

zu begeben und machen uns stattdessen auf in Richtung

Maschsee.

Genau genommen ist der Maschsee nicht viel mehr als

ein größerer Teich. Er hat eine Fläche von knapp 0,8

km² und ist damit rund 34000 Mal kleiner als der Große

Sklavensee, der zweifellos als richtiger See durchgeht.

Dafür gibt es am Maschsee mehr Jogger und Spazier-

gänger. Es wimmelt geradezu davon.

 

IMG_0196An einer schattigen Stelle machen wir eine Rast und

überlegen, wie wir weiter vorgehen.

Ursprünglich stand zur Debatte, eine „Route 2“ genannte

Radtour vom Maschsee nach Bredenbeck zu machen, einem

Ort im Umland Hannovers, aber dafür reicht die Zeit nicht

mehr.

Wir beschließen also, einfach ohne konkretes Ziel noch ein

wenig durch die Gegend zu fahren.

Gesagt, getan.

Nachdem wir den Maschsee hinter uns gelassen haben,

biegen wir rechts ab und geraten in ein Geflecht ver-

zweigter Wege, dem wir uns im Großen und Ganzen aufs

Geratewohl überlassen.

 

IMG_0200An den Ricklinger Kiesteichen vorüber, an einer Lauben-

kolonie, an Feldern, die im matter werdenden Licht des

allmählich zu Ende gehenden Tages still und einsam

wirken.

Verharren, den Abend atmen.

 

In einem „Naturwald“ scheuchen wir unsere ebikes dann

noch über einen schmalen Pfad voller Wurzeln, Laub

und Ästen. Dem Zusammenstoß mit einem quer im Weg

liegenden Baumstamm entgehe ich nur durch ein wag-

halsiges Ausweichmanöver. Einen faustgroßen Stein

mitten auf dem Pfad erwische ich jedoch voll. Einen

Moment fürchte ich, dass es einen der Reifen zerfetzt,

aber es geschieht gar nichts.

 

Christian, der Freund, mit dem ich unterwegs bin, hat

sein ebike geschrottet. Na ja, nicht ganz. Der Motor

seines Rades hat den Geist aufgegeben und damit

ist natürlich genau die Situation eingetreten, die auf keinen

Fall eintreten sollte.

Aber wir sind ohnehin am Ende unserer Tour an-

gelangt und kehren in aller Ruhe zum Bahnhof

zurück.

 

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