Wandertouren

FOTO-WANDERUNG 65 – BLIES-GRENZ-WEG

Überall ist Erinnerung.
Auf Schritt und Tritt stoßen wir auf Bruchstücke der Vergangenheit, Fragmente früherer und gegenwärtiger Lebensgeschichten, die eigene Geschichte selbstverständlich eingeschlossen.
Wir wandern über jahrhundertealte Wege, streifen durch Landschaften, die wir bereits aus uralten Beschreibungen kennen, wir sehen, ahnen, erfassen, wie an vielen Orten Vergangenes in die Gegenwart hineinreicht. Im Grunde sind wir, wenn wir längere Strecken zu Fuß zurücklegen, auch so etwas wie Wanderer zwischen den Epochen.
So auch heute, denn über die Jahrhunderte hinweg haben sich in dieser Gegend die Grenzen und die territorialen Zugehörigkeiten sehr oft geändert.
Bis auf einen kurzen Zuweg zu Beginn und am Ende folgen wir die ganze Zeit dem Blies-Grenz-Weg. Dieser verläuft teilweise entlang der Grenze zu Frankreich, teilweise auch in Grenznähe über die Hochflächen des Bliesgaus.

Länge der Wanderung: ca. 17,5 Kilometer

 

Slideshow mit ausgewählten Fotos

 

Kleinblittersdorf, unser Startort, und das am jenseitigen Saarufer liegende Großblittersdorf (Grosbliederstroff) bildeten lange Zeit eine Einheit. Heute gehört das eine Dorf zu Deutschland, das andere zu Frankreich. Eine Brücke über die Saar verbindet die beiden Orte, die Freundschaftsbrücke.

 

Ein Himmel voller Wolkenriffe. Es ist Regen vorhergesagt, und im Moment sieht es tatsächlich auch nach Regen aus. Rechts, jenseits des Wiesenstreifens, der Saar-Radweg Richtung Saargemünd (Sarreguemines).

 

Vorbei am Kindchesbrunnen wandern wir zunächst durch einige Kleinblittersdorfer Straßen, und zwar exakt auf derselben Route, die ich einige Wochen zuvor schon einmal gewählt hatte. Es ist Karfreitag, die Straßen sind leer wie Badestrände bei Dauerregen, aber es herrscht eine recht angenehme Witterung.

 

In den gut vier Wochen, die seit meiner letzten Wanderung hier vergangen sind, ist der Frühling eingekehrt.

 

Die ersten Meter auf dem Blies-Grenz-Weg

 

Blick ins Land. Die Hügel da hinten gehören zu Frankreich.

 

Sonne Fehlanzeige. Nicht dass uns das allzu sehr stören würde, nur für die Fernblicke später wäre helles Wetter vorteilhaft. Es geht kein Luftzug, und außer unseren eigenen Stimmen ist nur das Getrommel eines Spechts zu hören. Der Pfad ist schmal und führt an einer Böschung vorüber, der zwar noch einiges zum richtigen Abgrund fehlt, aber da hinunterzustürzen, würde trotzdem niemandem gut bekommen.

 

Das Unterwegssein zu Fuß schafft eine gewisse Distanz zur Welt. Oder vielleicht auch nur zu den eigenen Gedanken über die Welt. Philosophen wie Kierkegaard oder Rousseau stellten eine grundsätzliche Verbindung zwischen dem Gehen und dem (Nach)denken her.
„Ich kann nur beim Gehen nachdenken“, schrieb beispielsweise Rousseau.
Aber gerade das weite Gehen schafft es mitunter, den Wanderer vom Denken oder besser gesagt vom Nachdenken-Müssen wegzubekommen. Und nebenbei erwähnt – spätestens ab Kilometer 50, meist aber schon früher, drehen sich die Gedanken ohnehin fast nur noch um banale Dinge wie Ankommen, Blasenpflaster, Trinkvorräte usw.

 

Der erste Anstieg liegt hinter uns.

 

Der für uns schönste Abschnitt der Wanderung beginnt nun – der Weg über die Hochflächen mit Blicken von Horizont zu Horizont. Hier oben ist natürlich auch Windland. Aber der Wind passt auch hierher wie Schnee zu Schweizer Bergdörfern.

 

Länger als ein paar Sekunden behalten wir den Weg nicht im Blick, denn in alle Richtungen hin haben wir jetzt freie Sicht und immer wieder suchen wir den Horizont oder irgendeinen fernen oder nahen Punkt in der Landschaft.

 

Farbkontraste

 

Wie gesagt, der Frühling hat Einzug gehalten.

 

Invasion der Schlehen

 

Das Geheimnis der Fähigkeit entdecken, den Augenblick zu genießen

 

Blick in den Bliesgau

 

Wir sind zurück im Wald und nähern uns nun Sitterswald, einem Ortsteil von Kleinblittersdorf.

 

Sieht beinahe so aus, als würde der Himmel sich langsam aufhellen.

 

Schon mehr als eine Ahnung von Sonne

 

Der Blies-Grenz-Weg ist mit dem Prädikat „Premiumwanderweg“ versehen und bietet dementsprechend nicht wenige Rastmöglichkeiten.

 

Die knapp 200 Jahre alte „Dick Eich“, ein Naturdenkmal

 

Einen Steinwurf von Sitterswald entfernt, wo sich im Übrigen der offizielle Startpunkt des Blies-Grenz-Weges befindet.

 

Ob auch Alfred Döblin, Autor des berühmten Romans „Berlin Alexanderplatz“ diesen Wald zu Gesicht bekommen hat? Möglich wäre es, denn Döblin war zu Zeiten des 1. Weltkriegs als Militärarzt in Saargemünd stationiert und unternahm während dieser Zeit so einige Streifzüge in der Umgebung Saargemünds.

 

Blick von der Bliesbrücke auf die 1841 errichtete Bliesmühle

 

Bei der Bliesbrücke habe ich ja letztens den Blies-Grenz-Weg verlassen, so dass von nun an auch für mich Neuland beginnt. Der Weg führt nun ein Stück weit unmittelbar am Bliesufer entlang, das hier die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland bildet. Wir begegnen vielen Spaziergängern, aber erstaunlicherweise nicht einem einzigen Wanderer oder einer einzigen Wanderin.

 

Am Mühlenwaldweiher, der offenbar das Ziel vieler Spaziergänger ist. Danach ist der Wald wieder wie leergefegt.

 

„Das Tor“, eine von mehreren Holzskulpturen entlang des Weges

 

Stufen

 

Bei der Wegführung wird jede Chance genutzt, die breiten Schneisen zu vermeiden, und sei es nur für 50 Meter.

 

Wieder an der Blies

 

Da wir noch einige Kilometer vor uns haben, ist die Wahrscheinlichkeit eines Anstiegs bei nahezu 100 Prozent. Immerhin wandern wir jetzt schon ewig und drei Tage auf tischebenen Wegen dahin.

 

Letzter Blick für heute auf die Blies. Auf der Brücke da vorne entdecken wir unter anderem das Wandersymbol des Bliessteigs. Auch der Jakobsweg verläuft hier irgendwo. Das unmittelbar an die Blies grenzende Dorf zu unserer Rechten ist der französische Ort Bliesgersweiler (Blies-Guersviller). Die „Bliesgersweiler Mühle“ genannte Häuseransammlung auf deutscher Seite gehört zu Kleinblittersdorf, war früher jedoch offenbar eine Exklave von Blies-Guersviller. Hier befand sich in grauer Vorzeit wohl eine Bannmühle, eine Mühle also, die sämtlichen Untertanen eines Grundherrn den Zwang auferlegte, nur bei dieser und keiner anderen Mühle ihr Getreide mahlen zu lassen.
An dieser Stelle erfolgt der lange erwartete Anstieg, und der fällt ziemlich steil aus.

 

Noch ein Fernblick

 

In die Jahre gekommener Wegweiser

 

Jetzt, da die Wanderung in den letzten Zügen liegt, zeigt sich doch noch die Sonne.

 

Geschehen lassen kann so einfach sein.

 

Frühlingswald

 

Abschluss der Wanderung im Rexroth-Park in Kleinblittersdorf

 

Slideshow

 

Tracks und Infos

 

 

 

 

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