FOTO-WANDERUNG 63 – VON KAISERSLAUTERN NACH SCHOPP
Endlich verschlägt es mich mal wieder in die Westpfalz. An einem Tag, der nach Frühling riecht und nicht minder nach Frühling aussieht. An einem Tag, der wie geschaffen dafür ist, sich zu einer ausgiebigen Wanderung aufzumachen.
Wieder einmal bestimmt der Zufall bzw. das Unerwartete den Ablauf der Ereignisse, denn bis auf meinen Startpunkt Kaiserslautern wird beinahe nichts so sein, wie ich es geplant hatte. Aber Gehen hat, zumindest bei meinen Wanderungen, ohnehin ganz viel mit der Regie des Zufalls und dem Reiz des Unerwarteten zu tun. Bis zu einem gewissen Grad mag ich die Ungewissheit unbekannter Wege, denn auf diese Weise entdecke ich sehr häufig Überraschendes, Dinge, Orte, die ich gar nicht gesucht habe, die so aber Teil meiner Erinnerungslandschaften werden.
Länge der Wanderung: ca. 26 Kilometer
Slideshow mit ausgewählten Fotos
Ich starte am Hauptbahnhof in Kaiserslautern und laufe in Richtung Betzenberg. Es ist kalt, aber sonnig. Die Stadt brodelt nicht gerade vor Leben, was mir aber sehr recht ist.
Mein Plan sieht vor, dass ich zunächst ein gutes Stück dem Pfälzer Waldpfad folge, um später dann auf den Jakobsweg zu wechseln und nach Landstuhl zu marschieren. Wobei Plan im Grunde ein viel zu großes Wort ist. Eigentlich handelt es sich lediglich um eine grobe Vorgabe, und in der Realität bleiben davon letztlich auch nur ein paar Kilometer auf dem Pfälzer Waldpfad übrig.
Waldleuchten, nach Tagen und Wochen des Regens und des Schnees
Vom Pfälzer Waldpfad bin ich bereits abgekommen. Kein Problem, hier im Stadtwald gibt es genügend Pfade zur Auswahl. Ich achte lediglich darauf, mich nach und nach dem Humbergturm oberhalb der Stadt zu nähern. Ich gehe weder schnell noch langsam, passe meine Schritte dem Rhythmus an, den die Wege mir vorgeben. Oft sind die Pfade breit wie Durchgangsstraßen, oft aber auch schmal und beinahe verwinkelt wie Bergwerksgänge, nur oberirdisch.
Kaiserslautern ist der waldreichste Landkreis in Rheinland-Pfalz (Stand: 2022). Der Stadtwald ist sehr weitläufig und von vielen Wanderwegen durchzogen. Auffällig der hohe Bestand an Kiefern, oft sind Dutzende und Aberdutzende davon auf den Böschungen am Wegrand zu finden.
Ein paar Zeilen Fontanes fallen mir ein: „Am Waldessaume träumt die Föhre,/am Himmel weisse Wölkchen nur./Es ist so still, dass ich sie höre,/die tiefe Stille der Natur.“
Das von Fontane verwendete Wort „Föhre“ ist nur eine von vielen Bezeichnungen für die Kiefer.
Auf dem letzten Kilometer hinauf zum Humbergturm wird der Weg schmal und steinig. Das Licht, das vorher den gesamten Wald durchflutete, bleibt oberhalb der Baumspitzen.
Vorübergehend Dunkelwald
Ich habe den Humbergturm in Sichtweite. Erbaut wurde er Ende des 19. Jahrhunderts nach Plänen eines Architekten namens Ludwig Ritter von Stempel, der auch für einige andere Bauten in Kaiserslautern zuständig war, so etwa für die Apostelkirche und die Villa Munzinger.
Blick auf Kaiserslautern und Hinterland von unterhalb des Turms
130 Stufen führen den Turm hinauf zur Aussichtsplattform, die 33 Stufen der Treppe zum Turmaufgang nicht zu vergessen. Das ist der Blick von oben.
Ich setze meinen Weg fort, dem Pfälzer Waldpfad folgend. Noch eine ganze Weile habe ich dabei die Stadt im Blick, und das ist das Einzige, was den Weg davon trennt, einsam wie eine Straße auf dem Mars zu wirken. Es wird still, die Geräusche scheinen von einer unsichtbaren Mauer ferngehalten zu werden. Auf einer Bank hockt eine junge Frau und liest in einem Buch. Danach begegne ich bis Dansenberg niemandem mehr.
Es ist kurz nach Mittag. Die Sonne verschwindet jetzt immer häufiger hinter grauen Wolken, aber noch gibt es viele Minuten, in denen die Wege beinahe schattenlos bleiben.
Alter Grenzstein – Grenzsteine finden sich an zahlreichen Stellen in der Pfalz wie natürlich auch sonstwo.
Allmählich nähere ich mich Dansenberg.
Hier eine der vorhin erwähnten Stellen mit hohem Kiefernbestand
Mittlerweile orientiere ich mich nicht mehr am Pfälzer Waldpfad, sondern versuche, über zum großen Teil unbeschilderte Wege zum ganz in der Nähe verlaufenden Jakobsweg zu gelangen. Das Vorhaben scheitert schließlich an einem wegen Forstarbeiten gesperrten Pfad. Ursprünglich hieß mein Ziel ja Landstuhl, aber jetzt ist es der kleine Ort Schopp und dessen Bahnhof.
Ein 1980 errichteter Stein mit einer von um 1600 stammenden Aufschrift, die auf den Dansenberg Bezug nimmt, auf die Erhebung wohlgemerkt, nicht auf den gleichnamigen Ort, der, wie es scheint, erst etwas später erstmalig erwähnt wurde. Der Dansenberg wird in dem Zitat als „sehr hoher und grosser Berg“ bezeichnet. Wie gesagt, wir reden hier vom Jahr 1600 und der damaligen Einschätzung. Im hiesigen Dialekt heißt Dansenberg oft auch Dooseberg, womit wir wieder bei den Kiefern wären, denn Doose bedeutet nichts anderes als eben Kiefer.
Waldidylle
Brunnen am Wegrand
Überraschend bin ich zurück auf dem Pfälzer Waldpfad.
Zwischendurch immer noch lange Minuten angenehmen Frühlingslichts
Auf Höhe des Weilers Espensteig
Mein Gehen wird nun wie schon so oft ansatzweise zum Umherstreifen. Das ursprüngliche Ziel ist durch die Umstände kein Thema mehr, jetzt überlasse ich mich einer Art eingeschränkter Zielgerichtetheit. Ich habe zwar einen neuen Fixpunkt, aber die Wege dorthin müssen sich erst noch finden.
Ich treffe einen Waldarbeiter, der mir immerhin mitteilen kann, dass die Wege in Richtung Schopp nicht gesperrt sind.
Im Großen und Ganzen sehen die unbeschilderten Wege, denen ich jetzt folge, so aus wie der hier. Später stoße ich tatsächlich wieder auf den Pfälzer Waldpfad und verlasse diesen erst wieder beim Naturfreundehaus Finsterbrunnental.
Nur noch wenige Schritte entfernt vom Naturfreundehaus
Schöner letzter Eindruck vom Pfälzer Waldpfad
Auf dem Weg nach Schopp. An einem Baum entdecke ich irgendwann ein zerbrochenes Wandersymbol mit der Jakobsmuschel. Auf Umwegen bin ich also doch noch auf dem Jakobsweg gelandet, allerdings an einem völlig anderen Ort und Stunden später, als ich es vorhatte.
Ich laufe nicht direkt zum Bahnhof, sondern schlage noch einen letzten Bogen, der einen steilen und einigermaßen abenteuerlich anmutenden Anstieg enthält.
Asphaltweg zwischen Krickenbach und Schopp
Am Ziel