Die Touren
Tour 75 Hassel/Saarland – Hüttenwanderweg

Das Erste, was ich wahrnehme, als ich auf den Bahnsteig trete, ist dieses Flimmern.
Ein Flimmern beinahe wie an einem heißen Hochsommertag irgendwo am Horizont über dem aufgeheizten Asphalt einer Landstraße.
Erst nach und nach füllt sich mein Blickfeld mit Konturen: Ein uraltes Bahnhofsgebäude, das im Gegensatz zu vielen anderen uralten Bahnhofsgebäuden aber keine allmählich sich atomisierende Ruine ist, Wohnhäuser, zwei Straßen.
Tour 74 Von Obernhof nach Dausenau

Da ist dieser eine Moment, beinahe schon auf den letzten Metern der Wanderung, dieser nicht sofort wieder endende, sondern fortdauernde Moment, der aus der Stille und Weite des Himmels zu erwachsen scheint, der voller Leichtigkeit ist und voller Gelassenheit, wie vom Wind fortgetragenes Herbstlaub, dieser eine Moment, der sich anfühlt, als würde er all die vergangenen Stunden umfassen, den Aufbruch, das Unterwegssein, die Worte, die Bilder, die Empfindungen, und der zugleich so gegenwärtig ist wie ein …
Tour 73 Von Lauterecken nach Wolfstein

Am Anfang ist nicht das Wort, nicht einmal der Gedanke.
Am Anfang ist nur ein Gefühl.
Das Gefühl, aufbrechen zu wollen.
Oder, wenn das ein zu großes Wort sein sollte, losgehen zu wollen.
Mit welchem Ziel, zu welchem Zweck, das ist in diesem Stadium erst einmal nicht von Belang.
Aber wenn man es wirklich ernst meint, dann ist es vom ersten Moment an ein Gefühl, das …
Tour 72 Beckinger Saarblicke & Litermont-Sagenweg

Wenn man so will, beginnt der Prolog der heutigen Wanderung drei Jahre zuvor an einem dieser windigen, sonnigen Oktobertage, die noch beinahe ebenso viel vom Sommer haben wie vom Herbst und die man allein schon deshalb bis zur letzten halbwegs hellen Minute genießen will, weil es nicht mehr lange dauert, bis die nebelgrauen Krähentage Einzug halten.
Es beginnt auf einem schmalen Bahnsteig, der aus dem Nichts zu kommen und ins Nichts zu führen scheint …
Tour 71 Larochette/Lux. Extra-Tour A des Mullerthal-Trails

Im Grunde ist es einfach.
Je weniger Zwang, je weniger Dringlichkeit, je weniger sich selbst auferlegte Vorgaben, desto befreiter wird das Gehen.
Man kann sich vom ersten Schritt an in eine Abhängigkeit von Daten und Zahlen begeben, man kann das Wandern zu einer tabellarischen Angelegenheit von Kilometern, Geschwindigkeiten und Koordinaten machen, so dass es beinahe nur noch eine Begleiterscheinung ist.
Tour 70 Besseringen – Wehinger Viezpfad – Cloef

Eines ist bereits von Beginn an klar – heute muss ein Rädchen ins andere greifen, wenn ich nicht Gefahr laufen will, in ein unbeherrschbares Chaos hineinzugeraten.
Okay, das ist natürlich etwas übertrieben, denn ich plane schließlich keine Wanderung durch irgendeine unwegsame Wildnis hundert Kilometer von der nächsten menschlichen Siedlung entfernt.
Tour 69 – Tag 2 Von Laurenburg nach Obernhof

Zweiter Tag.
Als Wanderer wird man nach und nach zu einer Art Sammler.
Man sammelt Landschaften, man sammelt Wege, man stattet seine Erinnerung buchstäblich Schritt für Schritt, Blick für Blick mit Bildern und Empfindungen aus, man erschafft sich eine eigene Landkarte mit unverwechselbaren Erinnerungsorten und …
Tour 69 – Tag 1 Von Balduinstein nach Laurenburg

Erster Tag.
Wir brechen spät auf zu dieser Wanderung, erst gegen halb vier Uhr am Nachmittag.
Der Sommer steht unmittelbar bevor und in den Straßen ist es drückend wie in einer Waschküche des frühen 20. Jahrhunderts.
Der Himmel ist ein Block aus weißem Licht, weit und hoch.
Später wird immer mehr und immer dunkleres Blau …
Tour 68 Heidelberg: Königstuhl – Kohlhof – Schloss

Selten hatte ich zu Beginn einer Tour eine weniger konkrete Vorstellung davon, was mich erwarten könnte als diesmal. Das gilt zumindest für den größten Teil der Wanderung, nämlich so ziemlich für jeden einzelnen Schritt von dem Moment an, als wir uns von der Bergbahnstation Königstuhl aus auf den Weg machen bis zu jenem Augenblick, als wir ein paar Stunden später nach einem planlosen, aber großartigen Erkundungsmarsch …
Tour 67 Von Ochsenfurt nach Kitzingen

Manchmal gibt es keinen richtigen Anfang.
Man geht in der Erinnerung bis zu einem bestimmten Punkt zurück, und dann geht man weiter zurück und noch weiter, vielleicht sogar bis dahin, wo Erinnerung kaum noch mehr ist als ein fast lichtloser Canyon oder ein Höhlengebilde, in dem nichts mehr als vergessene, verschüttete Gänge und Stollen existieren, und das einzig Verlässliche, auf das man dabei stößt, ist die simple Erkenntnis, dass der Anfang, nach dem man gesucht hat, nicht exakt zu bestimmen ist.
Tour 66 Von Idar-Oberstein über den Hildegardweg & den Kupfer-Jaspis-Pfad nach Fischbach

Es gibt Wanderungen, bei denen buchstäblich vom ersten Schritt an eine unbändige und durch so gut wie nichts zu beeinträchtigende Freude vom Kopf bis hinunter in die Zehenspitzen pulsiert.
Es ist, als sei irgendwo im Körper ein Mechanismus in Gang gesetzt worden, der für einen ununterbrochenen Nachschub an positiven Empfindungen sorgt.
Das hat nichts mit übersteigerter Erwartungshaltung …
Tour 65 Von Miltenberg nach Amorbach

Erster Teil: Weiß
Das Weiß ist nicht überall.
Der milchige Schimmer zum Beispiel, der über dem Main liegt, ist nicht weiß. Er ist nicht weiß und nicht silbern und nicht blau und doch von allem etwas. Er ist wie der allerletzte, feine Überrest eines Nebelgespinstes, das von der Morgendämmerung noch geblieben ist und das sich nun endgültig verflüchtigt.
Tour 64 Homburg/Saar – Schlossbergtour & Herzog-II-Karl-August-Pfad

Vor einigen Monaten las ich den Reisebericht eines Pilgers, in dem ich irgendwann auf die Aussage stieß, dass ihm die konkrete Route, auf der er seine Ziele erreiche, gar nicht so wichtig sei.
An diesem Satz blieb ich hängen.
Erstens, weil er in Zeiten exakt festgelegter GPS-Touren für eine eher selten gewordene Einstellung zum Unterwegssein steht.
Und zweitens natürlich, weil er meiner eigenen Herangehensweise ziemlich nahekommt.
Tour 63 Baden-Baden: BHF – Panoramaweg – Merkurbergbahn

Es ist ein grauer Tag Anfang März.
Es gibt überhaupt keine andere Farbe als Grau und es ist nicht einfach nur ein oberflächliches, bei näherem Hinsehen in alle möglichen weniger tristen Farbtöne sich auflösendes Grau, sondern es ist ein Grau wie aus Mondgestein gemeißelt.
Ich habe keine große Hoffnung, dass sich dieses Grau in den nächsten Stunden abmildern wird, aber abgesehen davon, dass es natürlich angenehmer …
Tour 62 Von Hirschhorn nach Eberbach

Es ist Mitte Februar, aber allzu viel erinnert nicht mehr an den Winter.
Der Himmel wirkt unendlich weit und so hoch, als würde man an einem warmen Sommertag irgendwo im Gras liegen und den träge dahintreibenden Wolken zuschauen.
Es ist wie in einem Traum vom Beginn des Frühlings. Man hat das Gefühl, dass es seit Wochen keinen grauen, trostlosen Tag mehr gegeben hat und noch viel, viel länger keinen mehr geben wird.
Tour 61 Limbach/Saarland – Höchsten & Erzgräberweg

Es sind diese ersten Minuten nach der Dämmerung.
Etwas von der rauen, schwarzen Kälte der Nacht ist immer noch da.
Die Stille über den schneebedeckten Feldern ist eine Winterstille und zugleich eine Dämmerstille, aber von Atemzug zu Atemzug wird sie brüchiger und durchlässiger. Die Geräusche des erwachten Tages zersetzen sie, bis nur noch so viel von ihr übrig ist, dass man sie nicht mehr bewusst wahrnimmt, sondern sie nur noch ahnt, irgendwo jenseits der Geräusche.
Tour 60 Niedaltdorf – Ammonitenweg & Hirn-Gallenberg-Tour

Es ist die erste Tour des noch jungen Jahres.
Vielleicht ist das der Grund, warum ich fast so ein wenig das Gefühl habe, zu einer längeren Pilgertour aufzubrechen, obgleich es nicht einmal eine allzu lange Wanderung werden wird und obgleich an diesem Tag kaum etwas zu finden ist, was überhaupt dazu ermuntert, stundenlang durchs Gelände zu marschieren.
Wie bei so vielen Touren zuvor ist das im Grunde …
Tour 59 Fremersdorf – „Der Bietzerberger“

Erster Teil: Der Wind
Der Anfang entspricht ziemlich exakt dem, was zu erwarten gewesen war, wenn man sich an einem kalten Dezembermorgen irgendwo im Niemandsland zu einer Wanderung aufmacht.
Da ist dieser Bahnsteig, beginnend und endend in dunstigem Grau. Unter dem fahlen Himmel wirkt er wie abgetrennt von der übrigen Welt, wie eingesponnen in eine Hülle aus weißlich glimmendem Winterlicht.
Tour 58 Merchweiler – Itzenplitzer Pingenpfad

52 Tage sind seit meiner letzten Wanderung ins Land gegangen.
Beinahe ein ganzer Herbst ist gekommen, hat über viele Wochen hinweg alles in ein Farbenmeer verwandelt und liegt jetzt in den letzten Zügen, ohne dass ich auch nur einen einzigen Schritt auf einem Wanderpfad zurückgelegt hätte.
Ein paar Wochen lang habe ich das rechte Bein nach einer Meniskusverletzung irgendwie mitgeschleppt, aber mit beinahe jedem Tag habe ich mich ein winziges Stück …
Tour 57 Saarlouis & Vauban-Steig

Der Morgen zieht blass und still herauf.
In die wächserne Dämmerung mit ihren Schatten und Umrissen hinein breitet sich allmählich ein rötlicher Glanz aus. Zunächst ist es nur ein mattes, schwächliches Schimmern, kaum mehr als ein Zittern der Luft, von dem man fast den Eindruck hat, dass es nach dem nächsten Augenblinzeln schon wieder verschwunden sein könnte, aber nicht einmal zwei Minuten später hüllt es schon die Baumspitzen ein, dann die Stämme, und schließlich …
Tour 56 Von Bexbach über vier Premiumwege nach Ottweiler

Es gibt keine lange Dämmerung an diesem Morgen. Das nächtliche Dunkel geht für kaum länger als einen tiefen Atemzug in ein grau schimmerndes Zwielicht über, dann aber zieht ein strahlend heller Tag herauf. Am Himmel steht eine diamantene Sonne. Selbst in den engen Straßen, zwischen all den Begrenzungen durch Häuserfassaden und sonstige starre Strukturen fühlt es sich an, als würde man in die Weite eines bis zum Horizont schrankenlosen Ozeans hinaustreiben.
Tour 55 Neckargerach – Margarethenschlucht – Eberbach

Es ist eine jener Touren, die nicht zu Ende sind, wenn man den letzten Schritt getan hat.
Eine der Touren, bei denen man eine ganze Lagerhalle mit schönen Eindrücken füllen könnte und bei denen noch lange danach immer wieder Bilder und zu Worten gewordene Bilder vor dem inneren Auge erstehen.
Eine Tour, bei der sich irgendetwas dagegen sträubt, das Erlebte in Wesentliches und Unwesentliches zu unterteilen.
Tour 54 Von Alsheim nach Oppenheim

Am späten Vormittag treffe ich in Alsheim ein.
In den fast menschenleeren Straßen staut sich eine drückende, durch keinen noch so leichten Windhauch abgemilderte Hitze.
Das Licht über den Dächern ist hell wie ein Gammastrahlenblitz. Selbst wenn man den Blick nur für einen winzigen, flüchtigen Moment …
Tour 53/2. Tag Von Kleinwallstadt nach Miltenberg

Der Tag beginnt mit dem steten Geräusch eines feinen, dünnen Regens. Der Wind treibt ihn durch die Straßen, trägt ihn weit übers Land.
Nach und nach weicht das samtene Schwarz der Nacht einer brüchigen, trüben Dämmerung.
Auf den Straßen graue Pfützen, in denen sich ein graues Licht spiegelt.
Über dem Fluss steigen weiße Nebelgespinste auf.
Dann endet der Regen.
Tour 53/1. Tag Von Soden nach Kleinwallstadt

Die ersten Tage des Sommers sind nicht mehr fern.
Hell, klar, licht, beinahe durchsichtig ist der Himmel, nur irgendwo am Rand ein Schatten von unnachgiebigem Grau.
Es ist beinahe Mittag.
Ein letzter Rest nächtlicher Stille ist noch übriggeblieben, allmählich zerfallend wie die verwitterte Spur einer alten, unbekannten Schrift.
Kurze Bestandsaufnahme: Ich bin in Soden, unweit …
Tour 52 Neckargemünd – Burgfeste Dilsberg – Neckarsteinach

Man muss warten können.
Wenn man geht, von einem Punkt, von einem Ort zum nächsten, gleichgültig, ob schnell oder langsam und wie weit auch immer, dann muss man warten können.
Es muss ein erwartungsloses Warten sein, eines, das nicht zwanghaft darauf ausgerichtet ist, einen bestimmten Zustand, eine bestimmte Empfindung zu erleben oder darauf, dass Antworten auf Fragen, die einem selbst nicht einmal bewusst waren, plötzlich in Flammenschrift …
Tour 51 St. Wendel – Skulpturenstraße – Rötelsteinpfad – Bostalsee

Es ist das Beständige am Gehen, das erst die Veränderung schafft, und je länger man unterwegs ist, je steter, desto mehr Unterschiedliches bekommt man zu sehen. Und im Laufe der Zeit – über die Wochen, Monate und Jahre hinweg – sammeln sich wie Wolken an einem regnerischen Abendhimmel die inneren Bilder an, mehr und immer mehr.
Viele davon lassen sich auch nach langer Zeit noch exakt zuordnen, viele sind verknüpft mit …