FOTO-WANDERUNG 61 – 30 KILOMETER DURCHS MITTLERE SAARLAND
Manche Erinnerungen an Wege, die ich in den letzten Jahren gegangen bin, sind bereits so tief ins Dunkel abgesunken, als stammten sie aus einem Leben vor diesem Leben. Andere sind so präsent wie ein gerade zu Ende gedachter Gedanke. Auf jeden Fall wäre ich, wenn ich sämtliche Wege aneinanderreihen würde, schon ein gutes Stück in Richtung Mond vorangekommen.
Natürlich sind Wege zunächst einmal etwas Visuelles, man hat ein bestimmtes Bild – oder bestimmte Bilder – davon vor Augen. Aber ich denke schließlich nicht allein in Bildern, sondern vor allem auch in Worten, und es kommt mitunter vor, dass von der Erinnerung an einen Weg nichts übrigbleibt als ein paar Worte oder ein Gedanke, während die bildliche Vorstellung davon längst in einem lichtlosen Paralleluniversum verschwunden ist,
Die heutige Wanderung beginnt im Nebel, und zwar in einem dichten, das Blickfeld auf wenige Schritte begrenzenden Nebel. Zwei, drei Stunden lang laufe ich wie durch einen Korridor aus Nebelwänden. Ab dem späten Vormittag dann aber mit einem Mal frühlingshafte Sonne. Hier und da auf den Wiesen und im Unterholz noch Reif und zwischen den Stämmen ein kaltes Licht, aber das sind nur noch allerletzte, so gut wie gar nicht mehr ins Gewicht fallende Überbleibsel des Winters.
Ein nicht kleiner Teil der Route führt über den Johannes-Kühn-Wanderweg, benannt nach einem bekannten saarländischen Lyriker, von dem ich vor vielen, vielen Jahren zwei Gedichte in einer damals von mir herausgegebenen Literaturzeitschrift abgedruckt habe. Teilweise nutze ich auch den Warken-Eckstein-Weg und den einen oder anderen lokalen Wanderpfad, nicht selten jedoch ist gar keine Beschilderung vorhanden.
Länge der Wanderung: ca. 30 Kilometer
Slideshow mit ausgewählten Fotos
Morgendämmerung. Minus drei Grad und Nebel, das habe ich so nicht erwartet. Im Laufe des Vormittags wird sich allerdings die Sonne durchsetzen.
Begrenzte Blickfelder
An der Weiheranlage des zu Lebach gehörenden Ortes Thalexweiler vorüber wandere ich entlang der Autobahn auf Sotzweiler zu. Der Nebel erschafft eine stille, abgeschlossene Welt, die Wege scheinen im Nichts zu enden.
Ich erinnere mich an Nebelwanderungen, da war das Warten auf die Sonne wie das Warten auf etwas, das niemals eintritt, aber heute bin ich guten Mutes, dass sich der Nebel irgendwann auflösen wird. Es ist immer noch kalt, von Zeit zu Zeit muss ich sogar zugefrorenen Pfützen ausweichen.
Ich wandere zwar zunächst in Richtung Sotzweiler, wende mich kurz vorher aber nach Norden und trabe am Lebacher Stadtteil Steinbach vorüber nach Dörsdorf. Ab und zu tauchen aus dem Nebelgrau Spaziergänger auf. Normalerweise könnte ich von hier aus den Blick kilometerweit in alle Himmelsrichtungen schweifen lassen, aber im Moment endet die Sicht nach ein paar Bäumen.
Asphaltweg zwischen Dörsdorf und Hasborn
Ganz allmählich kämpft die Sonne sich hervor.
Jede Sekunde scheint das Blickfeld sich um ein paar Meter zu erweitern.
Ein paar Schritte hinter diesem schiefen Ortsschild stoße ich auf den Johannes-Kühn-Weg. Johannes Kühn lebt seit Jahrzehnten in Hasborn und hat in vielen Spaziergängen die Umgebung des Ortes erkundet. An einigen Stellen des Wanderweges finden sich kurze Gedichte des Lyrikers.
Plötzlich klare Sicht
Am Zeppelsborre ist ein Überbleibsel einer 200 Jahre alten Wasserversorgungsleitung für Hasborn zu sehen.
Wanderung der Gegensätze – erst eine Atmosphäre wie in expressionistischen Nebelgedichten, jetzt breitet sich das Sonnenlicht sogar im Wald aus.
Musik der Farben
Der Johannes-Kühn-Wanderweg ist für ein paar Kilometer identisch mit dem Bohnental-Rundweg und für eine gewisse Zeit auch mit dem Primstaler Panoramapfad.
Mag sein, dass wir nur Partikel in einem unendlichen Universum sind, aber in solchen Augenblicken sind wir immerhin glückliche Partikel.
Paul Schhneider, von dem u. a. der Granitblock an der Primstalsperre geschaffen wurde, hat auch diesen Basaltstein entworfen. Auf der Oberseite ist ein Gedicht von Johannes Kühn mit dem Titel „Lichtwechsel“ zu finden.
Der Waldanteil ist recht hoch heute. Glücklicherweise sind die Wege nach den vielen trockenen Tagen nicht aufgeweicht und matschig.
Das Glück eines Augenblicks
In serpentinenartigen Schleifen führt der Weg den Hügel hinab. Mitunter ist der Pfad kaum zu erkennen, weil er völlig von Laub bedeckt ist.
Brücke über die Autobahn
Und plötzlich ein Hauch von Winter
Für ein Flächenland ist das Saarland ziemlich dicht besiedelt, wenn auch durch den stetigen Bevölkerungsrückgang nicht mehr so dicht wie in früheren Jahrzehnten. Die Orte liegen oft sehr nahe beieinander, mitunter trennt sie lediglich ein Ortsschild. So habe ich es auch an dieser Stelle in alle Richtungen nicht weit bis zum nächsten Dorf.
Innerlich zurücklehnen und wirken lassen
Auf Leitzweiler zu. Von hier aus könnte ich noch einen Umweg über den Schaumberg und die dortige Tafeltour machen. Ich entscheide mich jedoch anders und bleibe noch eine Weile auf dem Johannes-Kühn-Weg.
Februarfrühling
Blick auf Hasborn
Unweit von hier verlasse ich schließlich den Johannes-Kühn-Weg. Es ist kurz nach Mittag und von der morgendlichen Nebelkälte ist nichts, aber auch wirklich gar nichts übriggeblieben.
Manche nennen es Idylle, andere Einöde.
Dem Warken-Eckstein-Weg folgend, der in Hasborn beginnt, schlage ich noch einen Bogen zum Wortsegel oberhalb von Sotzweiler.
Das Wortsegel
Die Farbe Blau
Kurz vor dem Ziel
One Comment
Mata
Mehr und mehr kommen jetzt auch bei den Foto-Wanderungen die Worte zu ihrem Recht, das ist gut. So ergeben Text und Bild eine schöne Kombination.
Danke, Mata