Wandertouren

FOTO-WANDERUNG 62 – DIRMINGEN/SAARLAND – VOM FINKENRECH ZUM BIBERPFAD

Am Morgen hängt Nebel in den Bäumen. Er sieht aus wie ein weißer, beinahe durchsichtiger Schleier aus Seide. Er hängt sehr tief über der Erde, so, als würde er an einem Herbstmorgen aus einem Flusstal aufsteigen, aber es gibt hier keinen Fluss und der Herbst ist lange vorüber. Man hört keine Geräusche, weder diesseits noch jenseits des Nebels, die Stille scheint sich entlang des Weges auszubreiten, und erst, als der Nebel verschwindet, ist es auch mit der Stille vorbei.
Ab dem späten Vormittag herrscht Frühling, und es ist nicht nur eine Ahnung oder ein Vorbote von Frühling, es ist fast, als wäre ich mitten im Mai gelandet.
Den größten Teil der heutigen Wanderung macht der Biberpfad aus, ein Wanderweg von rund 19 Kilometern Länge im saarländischen Landkreis St. Wendel. Ich beginne jedoch nicht am Startpunkt des Biberpfades, sondern beim Naherholungsgebiet Finkenrech oberhalb von Dirmingen, das im benachbarten Landkreis Neunkirchen liegt.

Länge der Wanderung: ca. 24 Kilometer

 

Slideshow mit ausgewählten Fotos

Update-Wanderung im November 2023

Podcast (Link führt auf eine externe Seite!)

 

Stiller Nebelmorgen. Es ist noch ein Tag in der Schwebe, ein Rest von Morgendämmerung ist spürbar, aber auch schon eine Ahnung von Frühlingswärme.

 

In der Morgensonne löst sich der Nebel zusehends auf. In den Tälern und Senken hält er sich allerdings noch eine Weile. Im Wald wird es immer heller. Als würde jemand nach und nach sämtliche Fenster eines anfangs noch dunklen Saales öffnen.

 

Finkenrech, Asiatischer Garten. Bis auf einen einsam vor sich hin fegenden Arbeiter ist niemand zu sehen. Auf einem Parkplatz stehen zwei Wohnmobile. Ich schlage einen kleinen Bogen durch den morgenstillen Garten und wandere dann zunächst in Richtung Dirmingen.

 

Nebelsonne

 

Um zum Biberpfad zu gelangen, folge ich wieder einmal dem Warken-Eckstein-Weg, der von Hasborn über den Finkenrech weiter bis Bildstock nordöstlich von Saarbrücken verläuft.

 

Meter für Meter gibt der Nebel den Blick auf die Landschaft frei, Baum für Baum, Weg für Weg. Die Stille ringsum hat etwas von der Stille früherer Jahrhunderte, als es noch nicht die mannigfaltigen Geräusche einer technisierten Welt gab.

 

Noch ein Nebelblick

 

Beim Aussichtspunkt Breckert stoße ich auf den Biberpfad. Eine wirkliche Ferne gibt es im Moment noch nicht. Vieles verschwindet im Nebel – die silbernen Fäden der Wege, die ins Tal und die Hügel hineingewürfelten Dörfer, viele kleine Details. Aber wenngleich noch Februar ist, kann man von einem Frühlingstag reden.

 

Blick auf den Schaumberg. Im Vordergrund zwei von geschätzt einer Billion Windrädern in dieser Gegend.

 

Die Geschichte eigener Wanderungen ist oft auch eine Geschichte des Vergessens und des Neuentdeckens. Selbst bei Wanderpfaden, die ich sehr oft schon gegangen bin, wie es beim Biberpfad der Fall ist, gibt es manches, was sich aus meiner Erinnerung verabschiedet hat und das erst wieder präsent ist, wenn ich es konkret sehe. Wanderwege sind außerdem keine unveränderbaren und für alle Zeiten festgelegten Dinge, sondern sind oft fortwährendem Wandel unterworfen, sei es, weil die Wegführung sich ändert, sei es, weil Bäume gerodet werden, oder weshalb auch immer. Thoreaus Satz aus seinem Essay „Walking“, dass „ein gänzlich neuer Ausblick … ein großes Glück“ sei, trifft leider nicht immer zu.

 

Über einen Wiesenpfad und ein sich anschließendes kleines Waldstück wandere ich nach Berschweiler hinunter.

 

Bestes Wanderwetter – weit entfernt von Schnee und Eis, ebenso weit entfernt von erdrückender Sommerhitze

 

Der Nebel hat sich endgültig verabschiedet.

 

Musik der Farben und des Lichts

 

Der Waldanteil auf dem Biberpfad ist recht hoch. Wie bei vielen Wanderwegen sind dabei auch kleine Stege oder Stufen keine Seltenheit.

 

Jede Wanderung besteht auch aus den Dingen am Wegrand.

 

Zwischen Berschweiler und Marpingen liegt der eigentliche Startpunkt des Biberpfades.

 

Auch der Biberpfad ist von Rodungen nicht verschont geblieben. Kahlschlagbilder dieser Art begegnen mir immer häufiger, wo immer ich auch unterwegs bin.

 

Drei Wochen zuvor war an dieser Stelle der Weg noch mit einem Schneeflaum bedeckt, der Wald wirkte winterlich ausgehöhlt und leer. Mittlerweile scheint es, als seien wir dem Frühling viel näher als dem Winter.

 

Alter Grenzstein auf dem Weg nach Marpingen. Jahrhundertelang war die Banngrenze zwischen Marpingen und dessen heutigem Ortsteil Berschweiler zugleich auch die Grenze zwischen Nassau-Saarbrücken und Lothringen, dem Herzogtum Lothringen genauer gesagt, welches ebenso wie Nassau-Saarbrücken ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war. Erst ab 1766 wurde das Herzogtum Lothringen für gut 20 Jahre ein Teil Frankreichs, und damit war während dieser Zeit die Grenze zwischen den beiden Dörfern auch die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich.
Marpingen ist übrigens das einzige Dorf mit -ingen-Endung im gesamten Kreis St. Wendel. Das nicht weit entfernte Illingen gehört zum Landkreis Neunkirchen, ebenso Dirmingen, wie ja bereits erwähnt. Die Endung -ingen scheint so etwas wie Zugehörigkeit zu bedeuten, und zwar Zugehörigkeit zu Personen oder zu Orten bzw. Örtlichkeiten. Im Einzelnen ist das oft allerdings gar nicht mehr nachvollziehbar, denn die Ursprünge solcher Bezeichnungen und Namen liegen nicht selten mehr als 1000 Jahre zurück. Marpingen ist jedenfalls eine -ingen-Insel zwischen jeder Menge -weiler-Ortschaften.

 

Eine Weile führen die Wege fast nur bergauf, bis zum höchsten Punkt der Strecke auf 401 Meter. Außerhalb des Waldes bieten sich viele Fernblicke, wobei der weithin sichtbare Schaumberg mit seinem Aussichtsturm so etwas wie das Zentrum bildet.

 

Blick auf Marpingen, im Hintergrund der Schaumberg

 

Im Tal der Ill, einem kurzen, in die Theel mündenden Flüsschen. Zwar bekomme ich heute auf dem Biberpfad keine Biber zu Gesicht, aber an der Ill gibt es seit einiger Zeit im Zuge von Renaturierungsmaßnahmen tatsächlich wieder welche.

 

Ein stetes Auf und Ab

 

Ungefähr an dieser Stelle schälte sich bei meiner letzten Wanderung auf dem Biberpfad plötzlich eine Natter aus dem Gras hervor. Einen Moment lang schien es, als würde sie mich attackieren, aber dann verschwand sie zischend in einem angrenzenden Feld.

 

Die Frühlingssonne macht die Landschaft so weit, dass der Horizont sich immer mehr zu entfernen scheint. Die Wege verlieren sich nicht mehr in einem grauen Nichts, sondern irgendwo am äußersten Rand des Blickfeldes. Es ist hell und still und warm. Ich spüre die Ruhe des Gehens. „Mir ist’s nirgends recht“, heißt es an einer Stelle in Eichendorffs Taugenichts. Davon kann bei mir wahrlich nicht die Rede sein. Im Gegenteil – ich bin hier genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

 

Windstärke eins

 

Die Schlucht des Lochwiesbaches ist sicher einer der optischen Höhepunkte des Biberpfades. Hier bin ich schon wieder ganz nahe am Finkenrech.

 

Hinauf ins Licht

 

Auf dem Rückweg zum Finkenrech

 

Slideshow

 

Tracks und Infos

 

Update-Wanderung

 

Wie zu Anfang des Jahres beginne ich die Tour im Asiatischen Garten des Finkenrechs. So gut wie niemand ist zu sehen. Der Himmel ist von schwarzen Wolken bedeckt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zu regnen beginnen wird.

 

Auf dem Weg zum Biberpfad. Ich kann mich dabei nach dem Warken-Eckstein-Weg richten, von dem ich dann allerdings nach ca. anderthalb Kilometern abbiegen muss.

 

Ein trüber Tag, aber nicht kalt. Ich empfinde die Novemberherbstatmosphäre keineswegs als trostlos, es bieten sich im Gegenteil viele schöne, herbstliche Bilder.

 

Landstraße zwischen Dirmingen und Tholey

 

Die ersten Schritte auf dem Biberpfad. Ich wandere den Pfad wie üblich gegen den Uhrzeigersinn.

 

Auf dem Breckert, einer Anhöhe oberhalb von Dirmingen, sicher einer der schönsten Stellen auf dem Biberpfad

 

Nebelland

 

In Berschweiler überholt mich eine Joggerin, danach begegne ich bis zum Ende der Wanderung keinem Menschen mehr. Kein Wunder, denn nun beginnt es zu regnen. Die Wege im Wald sind rutschig, oft beinahe sumpfig. An vielen Stellen liegen Baumstämme auf den Wegen. Von den Hängen strömen Sturzbäche in die Mulden herab. Ich muss oft sehr achtgeben, und trotzdem ist es eine schöne Wanderung.

 

Im Wald

 

Nicht nur dieser Steg verschwindet beinahe unter dem Herbstlaub, sondern oft ist auch der Pfad kaum zu erkennen.

 

Novemberwald

 

Der eigentliche Startpunkt des Biberpfades befindet sich zwischen Berschweiler und Marpingen. Von da geht es zunächst einmal eine Weile bergan, und zwar meistens durch Wald.

 

Der Regen macht keine Sekunde Pause. Bergan ist der Weg oft sogar angenehmer zu gehen als bergab, denn an abschüssigen Stellen wird es durch die Nässe mitunter recht gefährlich.

 

Das stete Geräusch des Regens wird hier und da von einem einsamen Vogelruf unterbrochen. Wenn die Farben des Herbstes nicht wären, würde ich durch ein eintönig graues Regenland wandern.

 

Herbstregen plus Herbstfarben ergeben eine ganz eigene Atmosphäre.

 

Regenwege

 

An dieser Stelle ist der höchste Punkt der Strecke bei gut 400 Metern erreicht. Normalerweise hätte man von hier den nahen Schaumberg gut im Blick, heute jedoch liegen selbst die unmittlebar an den Weg angrenzenden Koppeln teilweise im Nebel.

 

Trotz des Regens mache ich einen kleinen Abstecher, und zwar zu einem kleinen Platz am Ortsrand von Marpingen, auf dem dieser Kohlewagen und ein Bergmannskreuz stehen. Das Kreuz wurde 1971 von Konrad Recktenwald gestaltet und ist bereits das dritte Kreuz an dieser Stelle.

 

Ein Stück geht es an der Landstraße entlang, dann kommt der nächste Anstieg.

 

Ich kreuze das Naturschutzgebiet „Täler der Ill und ihrer Nebenbäche“.

 

Der Anstieg erweist sich als unangenehm. Bei beinahe jedem Schritt rutsche ich auf dem glitschigen Untergrund weg. Es ist beinahe, als sei der Boden in Bewegung geraten. Über diese Treppe gelange ich dann auf einen Wiesenpfad, der noch für hundert Meter weiter ansteigt, dann aber abflacht.

 

Der Regen begleitet mich weiter. Die Landschaft wirkt dadurch einsam und begrenzt.

 

Novemberfernblick

 

Und wieder ins Tal hinab. Oder vielmehr in eine Senke mit einem oft ausgetrockneten Bach, der diesmal jedoch schon von weitem zu hören ist und an manchen Stellen den Weg überflutet.

 

Steg & Bach

 

Eine ganze Weile steigt der Weg danach wieder an. Mein Blick gleitet über einsame Felder, entlang der grauen, nahen Horizontlinie, aber ich muss stets auch den Weg im Auge behalten, denn der ist durch den seit Wochen andauernden Regen stellenweise ziemlich tückisch.

 

Noch ein Waldabschnitt

 

Kurz vor Schluss – die Schlucht des Lochwiesbaches

 

 

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