FOTO-WANDERUNG 131 – VON ASCHBACH NACH EPPELBORN
Man könnte eine Festplatte mit Romanen, Erzählungen und Gedichten füllen, in denen auf diese oder jene Weise Nebel eine Rolle spielt, sei es auch nur als atmosphärische Begleiterscheinung. Nebel als Element des Geheimnisvollen, Nebel als Gruselfaktor oder als zerstörerisches Ereignis, Nebel als Metapher für alle möglichen unergründlichen Dinge. Und so weiter.
In Hermann Hesses vielleicht berühmtestem Gedicht „Im Nebel“ ist sogar die Verbindung „Nebel“ – „wandern“ vorhanden. Und ein Dichterkollege Hesses – wenn auch nie so erfolgreich und bekannt wie dieser – starb bei einer Wanderung in Schnee und Nebel, nämlich Robert Walser.
Wie auch immer, für mich kommt der Nebel heute überraschend, denn er war nicht angekündigt. Anfangs leuchtet oft eine große Sonnenscheibe irgendwie noch durch die Nebelschleier hindurch und schafft dadurch eine ganz eigene, beinahe mystische Atmosphäre, aber nach einem Drittel der Wanderung gibt es nur noch den Nebel und von der Sonne ist fortan nichts mehr zu sehen, wirklich gar nichts mehr. Aber es ist letztlich der Nebel, der dieser Wanderung eine besondere Note verleiht. Viele der Wege von heute bin ich schon Dutzende Male gegangen, und ohne den Nebel wären sie vielleicht nichts mehr allzu Erwähnenswertes gewesen. So aber wird es eine großartige Tour durch eine Umgebung der Schemen und Halb-Silhouetten.
Länge der Wanderung: ca. 21 Kilometer
Ich starte die Wanderung an der Bushaltestelle neben der Grundschule in Aschbach und wandere von da in Richtung Bubach. Über den Feldern liegt ein dünner Nebelflaum, aber es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Sonne die Oberhand gewinnt. Es ist ein kalter Wintertag, und das wird auch bis zum letzten Schritt so bleiben.
Blick über reifbedeckte Wiesen in Richtung Lebach. Es ist halb zehn und von der nächtlichen Dunkelheit ist nichts mehr vorhanden. Alles, was weiter weg ist als drei, vier Kilometer verschwindet jedoch in einem Dunstschleier.
Kalte Wintersonne
Bubach, Weiher bei Schloss Buseck
Gehen als Innehalten von den Ereignissen in der Welt
Noch immer hat die Sonne den Durchbruch nicht geschafft. Über den Wiesen und Weiden entlang des Weges ist der Nebel sogar erheblich dichter geworden.
Alle Richtungen stehen mir offen.
Ich wandere in Richtung Landsweiler, einem Stadtteil von Lebach. Von da aus will ich mich in Richtung Eiweiler und dem dort verlaufenden Hootzemonn-Weg wenden. Noch immer rechne ich mit dem endgültigen Durchbruch der Sonne.
Landsweiler liegt hinter mir und mit einem Mal herrscht eine Atmosphäre, in der man erwartet, jeden Moment eine Geisterkutsche aus dem Nebel hervorkommen zu sehen. Von der Sonne ist nur ein immer schwächer werdender Schein hinter Nebelvorhängen geblieben. Mitunter tauchen Gestalten aus dem Nebel auf, aber nach und nach verebben sämtliche Geräusche.
Der Nebel wird immer dichter, und allmählich setzt sich bei mir die Erkenntnis durch, dass es auf dem Rest der Wanderung nichts mehr anderes geben wird als Nebel.
Nebelstille
In einem Wald in der Nähe von Habach stoße ich wie erwartet auf den Hootzemonn-Weg. Offenbar wurde jedoch der Verlauf dieses Wanderweges irgendwann in letzter Zeit geändert. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, hier mal an der Landstraße entlanggelaufen zu sein. Es ist allerdings auch nur ein kurzes Stück, dann überquere ich die Straße und wandere einen unmittelbar vor dem Ortseingang von Eiweiler abzweigenden Asphaltweg hinab.
Hootzemonn ist by the way wohl hier in der Gegend eine Bezeichnung für den (männlichen) Hirschkäfer.
Begrenzte Sicht
Steg über den Köllerbach, der ganz in der Nähe entspringt und dem Köllertal, in dem ich gerade unterwegs bin, seinen Namen gibt.
Über eine stellenweise sumpfige Wiese trabe ich diesen Pfad hinauf und lande am Waldrand. Durch den Nebel wirkt die Landschaft leer und einsam. Ab und zu höre ich das Geräusch eines Autos. Der Nebel bringt es mit sich, dass ich fast wie durch einen Tunnel wandere. Fernblicke gibt es heute nicht.
Am Waldrand entlang
Und der nächste Asphaltweg. Immer noch befinde ich mich auf dem Hootzemonn-Weg, den ich aber wenig später verlasse, um mich in Richtung Wiesbach zu orientieren.
Ich passiere die Vogelsborn-Kapelle, der Überlieferung nach Ende des 18. Jahrhunderts von Bauern errichtet. Damals hatte sie allerdings ein völlig anderes Aussehen als die heutige Kapelle, die erst im Jahre 1990 ihr jetziges Erscheinungsbild erhielt.
Und weiter geht es durch den Nebel, zunächst über einen holprigen Wiesenpfad, am Rande von Mangelhausen dann auf diesen Asphaltweg in Richtung Wiesbach. Von irgendwoher klingen Stimmen zu mir herüber, die der Nebel nach kurzer Zeit verschluckt.
Meine Wanderwelt besteht heute aus rund 100 Metern Sichtweite.
Hinter Habach
Für ein paar Minuten weiche ich von dem Asphaltweg ab und schlage einen Bogen durch den Wald.
Kurz vor Eppelborn, meinem heutigen Ziel
Letzter Anstieg