FOTO-WANDERUNG 157 – VON DORF IM WARNDT NACH VÖLKLINGEN
Eine Wanderung, die in dörflicher Abgeschiedenheit beginnt, dann zunächst in eine von nichts als Baumwipfelrauschen und Spechtrufen unterbrochenen Stille hineinführt, welche ihrerseits aber recht bald von Stadtlärm abgelöst wird, der mich dann über Kilometer hinweg begleitet, ehe endlich hinter Ludweiler der mit Abstand schönste Abschnitt der Wanderung mich erwartet. Das Ende ist dann allerdings wieder ein Gang durch laute Stadtstraßen bis zum Bahnhof von Völklingen.
Der Herbst ist seit Tagen ein Traum, den nichts stören kann. Da sind vor allem die Farben – Variationen von gelb und rot, darüber oft das stille, unbeeindruckbare Blau des Himmels. Selbst der Wind scheint manchmal eine Farbe zu haben, ja, selbst das Knirschen des Laubs, von den eigenen Schritten hervorgebracht.
Kilometerweit laufe ich heute durch Herbstwald, beinahe ebenso viele Kilometer aber auch durch Stadtstraßen, ich bewege mich durch die verschiedenen Passagen wie durch Räume, einen nach dem andern, ich verharre höchstens hier und da mal für ein paar Sekunden, trotzdem bekomme ich viele Nuancen der Landschaft und der sonstigen Umgebung mit, und einige Eindrücke bleiben für eine Weile, setzen sich fest in einem Winkel meines Kopfes, während andere rasch verblassen und vergehen wie Nebelschleier in der Julisonne.
Ich bin anfangs im Warndt unterwegs, eine Landschaft, die sich nicht an Grenzen hält, sondern sich vom Saarland bis ins Département Moselle in Frankreich hinzieht. Nach dem 1975 verstorbenen Heimatkundler Karl-Ludwig Rug ist der Begriff „Warndt“ auf „der Verwarnte“ zurückzuführen, was wiederum dazu passt, dass der Warndt als Waldgebiet in früheren Zeiten dem Adel vorbehalten und für das gemeine Volk nicht zugänglich war.
Eine ganz interessante Wortherkunft hat auch Werbeln, ein Dorf kurz vor Völklingen, wo ich ein paar Kilometer auf dem sehr ansprechenden Werbelner Geschichte-Weg zurücklege. Das Wort stammt wohl von einem Flusswirbel der nahebei vorüberfließenden Bist, an der ich auch ein kurzes Stück entlanglaufe.
Der Abschluss der Tour ist dann Völklingen mit dem Blick über die Saar und die Völklinger Hütte.
Länge der Wanderung: ca. 22,5 Kilometer
So sieht der Herbstwald hinter Dorf im Warndt aus. Zunächst also weder richtig sonnig noch richtig trüb. Ein leichter Wind streicht durch die Bäume. Die Stille ringsum ist nicht vollkommen, aber die hier und da hörbaren Geräusche sind vollkommen unaufdringlich. Am Rande des Weges ein verrottender Wegweiser des Saarland-Rundwanderweges, der mir fürs Erste als Orientierung dienen soll.

Irgendwo vor Großrosseln, Grande-Roselle auf Französisch. Es gibt auch ein Petite-Roselle – Kleinrosseln -, das in Frankreich liegt.
Die Gegend war lange Bergbaugebiet. Die Grube Warndt war die jüngste aller saarländischen Gruben. In Großrosseln gab es den Schacht St. Charles. Von hier aus verläuft noch immer ein fünf Kilometer langer Bergwerksstollen bis Ludweiler, der allerdings seit Mitte 2025 verfüllt wird.

Zwischen den Bäumen eine warme, aber schon sehr niedrig stehende Herbstsonne

Der November zeigt sich heute von seiner angenehmen Seite. Von tristem Dauerregen ist das alles weit weg. Die flachen Wege und die Stille erlauben ein völlig unkompliziertes Gehen.

So ganz allmählich nähern wir uns wieder der Zeit, in der die Bäume kaum von den Gerippen gestrandeter Buckelwale zu unterscheiden sind.

Blick auf das Erlebnisbergwerk Velsen bzw. einen kleinen Teil davon. Die Grube Velsen war eine Erweiterung der Grube Geislautern. Wir reden dabei vom Jahr 1899, einer Zeit also, in welcher einerseits eine gewisse Aufbruchstimmung in Bezug auf industriellen und wissenschaftlichen Fortschritt bestand, andererseits das fin-de-siécle-Stimmungsgemisch aus Endzeiterwartung, Freude am Untergang und einer gewissen Dekadenz. In Deutschland war bei der wirtschaftlichen Produktion ein starker Aufschwung zu beobachten, und die Steinkohle – zusammen mit der Braunkohle – war dabei der wichtigste Energieträger. Von 1872, dem Jahr nach der Gründung des Deutschen Reiches, bis zum Jahr 1913 stieg der Verbrauch von Stein- und Braunkohle von 42 Millionen Tonnen auf ca. 260 Millionen Tonnen.
Zurück zur Grube Velsen. Nach WK II war sie eine Ausbildungsstätte für angehende Bergleute, seit 2012 ist hier das Erlebnisbergwerk entstanden.

Wieder im Wald. Im Grunde ist es hell, aber zwischen den Bäumen ist das Licht matt und wird von den Baumschatten aufgesogen.

Optische Auflockerung

Am Rande von Geislautern, einem Stadtteil von Völklingen. Dieser Pfad entlang eines Weihers ist für längere Zeit der letzte schöne Anblick, denn danach wandere ich mehrere Kilometer weit durch Geislautern und das unmittelbar angrenzende Ludweiler. Nicht schlimm, es war vorher klar, dass ich in dieser dicht besiedelten Gegend keine ununterbrochenen Waldpfade vorfinden würde.


Am Rande von Ludweiler erwartet mich ein verzweigtes Geflecht von Waldpfaden, auf denen ich mich sehr rasch vom Lärm entferne. Nicht lange und es kommt mir vor, als hätte ich den Zugang zu einer geheimnisvollen Elfenlandschaft entdeckt. Nach und nach nähere ich mich nun dem Werbelner Geschichte-Weg, und die rund 6 Kilometer, die ich auf diesem zurücklege, sind die schönsten der gesamten Wanderung.

Zwielichtwelten

Der Werbelner Geschichte-Weg ist erreicht.

Ich streife dieses Wildgehege nur am Rande.

Lied des Herbstes

Oft schmale Pfade, mitunter aber auch solche recht breiten Waldwege. Egal, hier ist es überall schön.

Nur der Pfad, der Herbstwind und ich


Kein November ohne Laubteppiche

Das Dorf Werbeln befand sich bis zum Dreißigjährigen Krieg an einer anderen Stelle als der heutige Ort. Es war auch ebenjener Krieg, der das alte Werbeln völlig zerstörte.

Herbstbegeisterung

Wanderung der Kontraste – am Ende laufe ich vier Kilometer durch Stadtgefilde und lande schließlich am Saarufer mit Blick auf den Gasometer der Völklinger Hütte













