FOTO-WANDERUNG 150 – IM FRÄNKISCHEN WEINLAND BEI KARLSTADT
Eine Tour in der Nähe des Mains, jedoch ohne dabei den Main ein einziges Mal zu sehen. Dafür aber viele stille Wege durch Wälder, über kleine Höhenzüge und durch Weinberge.
Ausgangspunkt der Wanderung ist Karlstadt. Von hier aus verläuft z. B. der Fränkische Marienweg über die Ruine der Karlsburg und die Wallfahrtskirche Mariabuchen weiter in Richtung Gemünden.
Ich schlage diesmal jedoch die entgegengesetzte Richtung ein und wandere nach Nordosten, in eine Gegend, in der es viel Landschaft und nur wenige kleine Dörfer gibt. Ich folge dabei verschiedenen Wanderwegen, aber mitunter bleibt mir nichts anderes übrig, als unbeschilderte Pfade zu nutzen.
Länge der Wanderung: ca. 25 Kilometer
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Mein Ausgangspunkt ist der Bahnhof von Karlstadt. Von hier bis zum Main sind es nur wenige hundert Meter. Vom Mainufer aus sieht man dann auch gleich schon die Ruine der Karlsburg, die aus dieser Perspektive wie ein ausgehöhlter, riesiger Backenzahn aussieht. Das Burggelände und vor allem die Sicht von da oben über Karlstadt und auf den Main sind es allerdings allemal wert, den Weg auf die jenseitige Flussseite und dann den schmalen Pfad hinauf zur Burg auf sich zu nehmen.
Für mich ist das heute allerdings zweitrangig, denn ich wende mich vom Bahnhof aus in die genau entgegengesetzte Richtung und laufe erst einmal zwei Kilometer oder mehr durch die Stadt bis zu einem Segelfluggelände.
Außerhalb von Karlstadt bin ich von jetzt auf gleich in einer wunderbaren Spätsommerkulisse. Wiesen und Hügel bestimmen die Szenerie. Vereinzelt sehe ich Spaziergänger und Spaziergängerinnen in einiger Entfernung. Schon bald stoße ich auf einen mit einer simplen „2“ gekennzeichneten Wanderweg, an dem ich mich bis Eußenheim grob zu orientieren gedenke.
Etwas abseits vom Weg eine kleine, in die Jahre gekommene Kapelle
Noch entspricht die Temperatur nicht ganz der hellen Optik, aber das wird sich im Laufe der nächsten Stunden ändern.
Die Kulisse ist wie geschaffen für eine ruhige Wanderung, wenngleich zu Beginn noch Autoverkehr zu hören ist und der Weg stellenweise auch unmittelbar an der Landstraße entlangführt. Bald jedoch verebben die Geräusche und es bieten sich mir beinahe meditative Fernblicke.
Ich folge der „2“ einen etwas holprigen Wiesenpfad hinauf, nur um dann auf einen noch holprigeren zu gelangen. Im Moment ist so ziemlich alles noch in einer Art Schwebezustand. Weder weiß ich genau, wohin ich von Eußenheim aus wandern werde noch lässt sich abschätzen, wie genau die Wege beschaffen sein werden. Ich denke einerseits von Augenblick zu Augenblick, andererseits aber auch in Etappen. Die nächste Etappe ist Eußenheim und dort muss ich schauen, was kommt.
Am Rande einer Sandgrube
Die ersten Weinberge tauchen auf. Kein Wunder, Franken, insbesondere Unterfranken, ist ein altes Weinbaugebiet. Einst war es sogar das größte Weinbaugebiet des Heiligen Römischen Reiches, zumindest nördlich der Alpen, heutzutage liegt es, was die Größe betrifft, irgendwo im Mittelfeld der deutschen Weinbaugebiete.
Weinbergblick
Die Wiesenpfade, aber auch die wenig später folgenden Asphaltwege vermitteln eine erstaunlich intensive äußere Ruhe. Die Sekunden und Minuten scheinen langsamer zu verstreichen. In der Ferne sehe ich vereinzelt Spaziergänger, Punkte verschiedener Größe, die sich gemächlich durch die Landschaft bewegen. Ich habe den Eindruck, in eine angenehme und erholsame Abgeschiedenheit hineinzuwandern oder vielmehr, von den Wegen hineingetragen zu werden.
Durch schönen Laubwald hinab nach Eußenheim
In Eußenheim treffe ich auf mehr Leute als bei meiner gesamten bisherigen Wanderung. Mitten im Ort stoße ich auf diese kleine Kapelle. Sie stammt aus dem 18. Jahrhundert, aber wie so oft existierte auch hier ein Vorgängergebäude, das allerdings immer wieder durch das Hochwasser der Wern beschädigt wurde.
Erheblich auffälliger als diese Kapelle ist jedoch die in der Mitte des Ortes erbaute, die Umgebung deutlich überragende Kirche St. Marcellinus und St. Petrus. Ich müsste schon mit geschlossenen Augen durch die Straßen wandeln, um von dieser Kirche nichts mitzubekommen. Für diesmal genügt es mir jedoch, sie nur aus der Entfernung zu betrachten.
Hinter Eußenheim wende ich mich in Richtung eines lokalen Rundwanderweges.
Und wieder Weinberge
Außerhalb der Orte ist niemand außer mir unterwegs, zumindest bis jetzt. Später, vor Stetten, ändert sich das, denn dort begegne ich zunächst jeder Menge Radfahrern und dann einer weit auseinandergezogenen Rotte von etwa 50 Wanderern.
Wieder so ein meditativer Fernblick
Mehr Spätsommer geht irgendwie nicht.
Zur Abwechslung mal wieder ein wenig Wald. Außer ein paar Vogelstimmen, u. a. dem etwas unheimlichen Ruf eines Schwarzspechts, und hier und da entferntem Geraschel, ist nichts zu hören.
Am Waldrand stoße ich plötzlich auf eine Ansammlung von Grenzsteinen, die hier offenbar zur 1200-Jahr-Feier von Eußenheim aufgestellt wurden. Sie stellen einen historischen Bezug zu den sogenannten „Siebenern“ her, das waren – und sind in manchen Gegenden teilweise noch – ehrenamtlich tätige Bürger, die Grundstücksgrenzen überwachten und markierten. Da es meistens sieben Männer waren, die das Amt ausübten, etablierte sich der Begriff „Siebener“.
Aud unbeschilderten Wegen versuche ich nun, nach Heßlar zu gelangen, einem Stadtteil von Karlstadt.
Seit Eußenheim bin ich niemandem begegnet. Jetzt wird die Stille immerhin durch Glockenläuten unterbrochen.
Kurz vor Heßlar
Ich durchwandere Heßlar und wende mich in Richtung Stetten. Mittlerweile ist es sehr warm geworden. Ich habe jetzt wieder freies Gelände vor mir, in so ziemlich alle Richtungen kann ich den Blick bis zu einem weit entfernten Horizont schweifen lassen.
Eine Viertelstunde und länger wandere ich nun nach Stetten hinab.
Kaum bin ich im Tal, steigt der Weg eine ganze Weile wieder bergan. Erst hinter Stetten wird es wieder flacher.
Blick auf Stetten
Anstiege gibt es von nun an so gut wie keine mehr.
Geradeaus auf Karlstadt zu. Am Wegrand eine Armee verblühter Sonnenblumen. Das Licht über der Landschaft irgendwo zwischen sommerlich hell und einer Ahnung von Herbstleuchten angesiedelt.
Ganz in der Nähe auf dem Steinberg befinden sich ein gutes Dutzend Grabhügel aus der Bronzezeit. Vermutlich gab es hier auch eine keltische Siedlungsanlage. Auf dem Rundweg K 17 lässt sich offenbar beides gut erkunden. Ich selbst bin von Heßlar aus dem Wanderweg K 4 gefolgt und befinde mich jetzt auf dem K 15.
Schöner Spätsommerwald
Karlstadt ist nun nicht mehr weit.
Viel Improvisation heute, aber unter dem Strich eine herrliche Wanderung
Am Rande von Karlstadt gibt es einen Kreuzweg. Das ist dann so etwas wie der Abschluss dieser Tour.
One Comment
Danubi
Schön, hat wieder Spaß gemacht, das zu lesen.