Wandertouren

FOTO-WANDERUNG 80 – VON ILLINGEN/SAAR ZUM FINKENRECH

Viele Stunden lang zu Fuß unterwegs zu sein, die Wege buchstäblich Schritt für Schritt zu erkunden, ist immer wieder eine Art Entdeckungsreise, und zwar völlig gleichgültig, ob es sich um bereits bekannte oder um noch unbekannte Wege handelt.
Jede Wanderung hat ihre eigene Geschichte, aber das Entdecken, das Beobachten und Umherschauen, das sind Elemente, die in so gut wie jeder dieser Geschichten vorhanden sind. Und nicht zu vergessen natürlich – Gehen ist Bewegung und damit in vielen Fällen auch körperliche Anstrengung. Aber man kann das Maß dieser Anstrengung sehr gut steuern, indem man die richtigen und für sich selbst angemessenen Wege wählt.
Irgendwann hat man dann nicht nur ganze Galerien von Bildern im Kopf, sondern man blickt auch auf eine Historie vielfältiger Erfahrungen zurück, und damit kann man Veränderungen von Landschaften und Orten ebenso erfassen wie Wandlungen bei sich selbst.
Heute liegen das Neue und das Bekannte wieder einmal eng beisammen. An der Burg Kerpen in Illingen beispielsweise bin ich in den letzten Jahren schon etliche Male vorbeigewandert, und den Weg von Illingen nach Hüttigweiler kenne ich ebenso wie später die Abschlusspassage von Urexweiler zum Finkenrech, aber viele Wege dazwischen sind vollkommenes Neuland für mich, darunter auch die rund fünf Kilometer des Themenweges „Nach der Schicht“.

Länge der Wanderung: ca. 23 Kilometer

 

Slideshow mit ausgewählten Fotos

 

Der Anfang der Wanderung. Vom Illinger Bahnhof laufe ich eine Treppe hinunter und dann in Richtung von Burg Kerpen. Im Moment habe ich noch vor, hierher zurückzukehren, aber wie schon so oft werde ich im Laufe der Wanderung ein anderes Ziel ins Auge fassen.
Der Illinger Bahnhof – oder besser gesagt Bahnsteig – ist ein Umsteigepunkt. Von Homburg  kommend, steigt man hier nach Lebach um, von Lebach kommend nach Homburg.

 

Im Park der Burg Kerpen

 

Von Illingen wandere ich in Richtung Hüttigweiler. Hier in der Gegend liegen die Orte nahe beieinander, und in praktisch jedem davon könnte ich ohne Schwierigkeiten meine Route ändern, denn die ganze Gegend ist durchzogen von einem Netz von Asphaltwegen, die man sich als Geher natürlich mit Spaziergängern, Radfahrern und Joggern teilt, nicht zu vergessen die Autos und Traktoren.

 

Der erste Anstieg ist rasch geschafft. Links und rechts Wiesen und Felder, ein paar Kilometer entfernt das Fördergerüst der ehemaligen Grube Göttelborn. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sie geschlossen wurde, gerade mal 23 Jahre. Und dennoch ist sie der Überrest einer vollkommen anderen Lebenswirklichkeit, und zwar beinahe ebenso sehr, als wenn bereits 100 Jahre seitdem vergangen wären. Man darf dabei natürlich nicht vergessen, dass die Arbeit in den meisten saarländischen Gruben deutlich früher eingestellt wurde. Vermutlich sah bereits ein großer Teil der Angehörigen der Generation X im Saarland – zu der ich by the way auch gehöre – den Bergbau als Sache ihrer Väter und Großväter an, nicht mehr als ihre eigene. Parolen wie etwa „Die Saargruben dem Saarvolk“, die es in den 1940er Jahren gegeben hatte, also zwei Jahrzehnte vor den ersten Jahrgängen der Generation X, klangen für deren Ohren sicher wie aus einem anderen Universum.
Wie auch immer, jedenfalls waren viele Orte hier ringsum, nicht nur Göttelborn, über Jahrzehnte hinweg Bergbaudörfer.

 

Es ist so eine Art Herbstsommertag. Wenn die Blätter sich bereits stärker verfärbt hätten, könnte es ebenso gut ein sonniger Oktobertag sein.

 

Ich durchwandere das zu Illingen gehörende Dorf Hüttigweiler und gelange dann auf einen Themenweg mit dem Namen „Nach der Schicht“, dem ich für ein paar Kilometer folge.
Ich rechne immer noch damit, dass es nicht dauerhaft so sonnig bleibt, aber im Moment denke ich ohnehin eher von Schritt zu Schritt, als mir darüber Gedanken zu machen, was in zwei Stunden sein wird.

 

Nach Wochen des Regens ist man diese Helligkeit gar nicht mehr gewohnt. Der Himmel sieht nicht aus wie ein graues Staubtuch, und man hat auch nicht diese Geräuschkombination aus stetigem Regengeprassel und böigem Wind in den Ohren. Es ist ein ruhiger, klarer Herbsttag im August sozusagen.

 

Der Weg „Nach der Schicht“ ist völlig neu für mich, aber ich bin gleich sehr angetan davon. Es ist ein relativ kurzer Weg, nur etwas über acht Kilometer lang, von denen ich wiederum ein Drittel weglasse.

 

Mit mehreren solcher Infostationen soll der Alltag einer Bergbaufamilie zur Zeit um etwa 1920 dargestellt werden.

 

Blick ins Land. Gut zu erkennen die relativ dicht beieinanderliegenden Dörfer. Das Saarland ist bei der Bevölkerungsdichte der Flächen-Bundesländer an zweiter Stelle hinter NRW zu finden.

 

„An einem Sommermorgen da nimm den Wanderstab, es fallen deine Sorgen wie Nebel von dir ab.“ Das sind Zeilen aus einem Gedicht eines berühmten Wanderers, nämlich von Theodor Fontane. Manches ändert sich vielleicht doch nicht.

 

Noch so eine Infostation

 

Der Anstieg durch die Straßen von Hüttigweiler hinauf zum Wanderweg „Nach der Schicht“ zieht sich etwas, aber danach komme ich in den Genuss eher flacher Wege. Oft natürlich über Asphalt, aber immer wieder laufe ich auch durch schönen, lichten Sommerwald.
Ich trabe nach Stennweiler hinein und dort ein paar hundert Meter an der Hauptstraße entlang, biege dann in Richtung Welschbach ab. Ich habe allmählich das Gefühl, dass ich so ziemlich jeden Quadratzentimeter des Saarlands kennenlernen werde, wenn ich so weitermache.

 

Den Blick vorauseilen lassen

 

Wie aus dem Nichts stelle ich mir die Frage, ob ich überhaupt nach Illingen zurückwandern oder nicht einfach Richtung Urexweiler und von da zum Freizeitzentrum Finkenrech wandern soll. Mehr und mehr tendiere ich zu Letzterem.

 

Insgesamt ist der Waldanteil dieser Wanderung gar nicht besonders hoch.

 

Wurzelpfad

 

Ich wandere jetzt auf Welschbach zu. Während Stennweiler zur Gemeinde Schiffweiler gehört, ist Welschbach ein Ortsteil von Illingen.
Auch wenn ich viele kleinere Schleifen und Bögen gehe, ist es insgesamt ein ruhiges, von keiner äußeren Hektik in Mitleidenschaft gezogenes Wandern. Es ist eine Tour, bei der sich ständig neue Optionen auftun, denn immer wieder bieten sich mir neue Wege an. Den Plan, nach Illingen zurückzukehren, gebe ich irgendwann endgültig auf.

 

Rosengarten in der Nähe von Welschbach

 

Infostation „Im Gemüsegarten“ unmittelbar neben dem Rosengarten

 

Eine Warnung, die sich als berechtigt herausstellen wird.

 

Stilles Land

 

Die verschiedenen Arten des Sehens beim Wandern – da gibt es jede Menge Abstufungen, angesiedelt zwischen dem beiläufigen, kaum die Schwelle bewusster Wahrnehmung überschreitenden Registrieren und dem intensiven, nahezu jedes Detail erfassenden Betrachten.
Die Wege, die man geht, sind auch in dieser Hinsicht immer die eigenen Wege. Es ist der eigene Blick, der sich die Objekte sucht, es ist der eigene Verstand, der Bewertungen vornimmt, es ist buchstäblich die eigene Sicht der Dinge, und diese kann bei anderen Wanderern, die denselben Weg gehen, völlig anders beschaffen sein.

 

Noch mal zur Lebensrealität saarländischer Grubenarbeiter. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sah diese für viele so aus, dass sie zu Wochenbeginn zig Kilometer zu ihren Arbeitsstellen liefen, dort bis freitags gegebenenfalls unter Tage malochten und dann am Wochenende wieder nach Hause marschierten. Nicht genug damit, denn am Wochenende musste dann auf den Äckern und Feldern gearbeitet werden, und wenn in diesem Zusammenhang von Feldarbeit die Rede ist, dann ist damit im Allgemeinen Arbeit von Hand gemeint, ohne maschinelle Unterstützung. Das hört sich wahrlich nicht nach einer Lebensrealität an, die heute noch viele in Mitteleuropa auf sich zu nehmen bereit wären.

 

Ich befinde mich nun etwa auf der Höhe von Hirzweiler und marschiere Richtung Norden, also weg von Illingen.

 

Angelweiher Hirzweiler

 

Der Weg trägt mich weiter.

 

Noch immer keine Anzeichen für eine Eintrübung

 

Die Wanderung besteht keineswegs nur aus offener Landschaft und aus Wald, ich laufe auch oft und lange durch verschiedene Dörfer. Vor allem in Urexweiler zieht sich der Weg durchs Dorf doch ganz schön in die Länge. Auf den Wegen zwischen den Dörfern herrscht mäßiger Betrieb. Ich glaube, ich werde sogar häufiger von Autos als von Radfahrern überholt. Und einmal von zwei ratternden Mopeds, die schätzungsweise noch der Kaiserzeit entstammen.

 

Am Wegrand

 

Wunderbarer Weg, wunderbarer Blick

 

Hinter Urexweiler folgt ein kurzes Waldstück. Danach wandere ich nach Berschweiler hinunter und damit beginnt so etwas wie der Endspurt der heutigen Wanderung.

 

Wolkeninseln über grünem Tal, im Hintergrund links der Schaumberg

 

Letztes Dorf für heute ist Berschweiler. Danach wandere ich diesen Weg hinauf in Richtung Finkenrech. Der Weg trifft schließlich an einer nicht ganz ungefährlichen Stelle auf die Verbindungsstraße zwischen Dirmingen und Tholey. Statt dort unmittelbar an der Landstraße entlangzulaufen, was nicht empfehlenswert ist, bietet sich die Möglichkeit, 200 Meter weit über einen Acker zu stapfen und dann auf einen Feldweg abzubiegen.

 

Zuvor nutze ich jedoch noch für ein kurzes Stück den Biberpfad, der hier parallel zur Straße verläuft.

 

Die Sonne lässt nicht locker.

 

Asiatischer Garten, Finkenrech. Der Abschluss. Von hier kann man locker hinunter nach Dirmingen und zum dortigen Bahnhof traben.

 

Slideshow

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