FOTO-WANDERUNG 156 – VON KOBLENZ NACH RHENS
Die Welt kann sehr groß sein, wenn man sie zu Fuß durchmisst. Oder anders gesagt: Der Ausschnitt der Welt, den man binnen einiger Stunden zu Fuß erreichen kann, ist relativ klein. Daraus ergibt sich eine ganz eigene Perspektive, auch zeitlich. Für Strecken, die man mit dem Auto in kurzer Zeit zurücklegt, benötigt man als Fußgänger Stunden. Selbst wenn man mit gesenktem Kopf und Scheuklappen durch die Gegend rennen würde, bekäme man zu Fuß immer noch mehr von seiner Umgebung mit, als wenn die Welt vorbeirast, wie es in Zug oder Auto der Fall ist.
Es ist Herbst, und zwar ein Novemberherbst, wie er schöner kaum sein könnte. Ein grandioses Bild legt sich über das nächste und man trägt seine Beobachtungen noch eine Weile mit sich, eine neben der anderen, ehe nach und nach neue an Stelle der älteren treten.
Wir sind diesmal auf dem Rheinburgenweg unterwegs, und zwar von Koblenz nach Rhens, also im Mittelrheintal. An einem solch unglaublich grandiosen Herbsttag könnten wir auch im Handstand über eine Baustellenauffahrt laufen oder einen Spaziergang in einem Gewerbegebiet machen, und wahrscheinlich wäre es immer noch großartig. Im Wald scheint das Leuchten oft tief aus der Erde zu kommen, beinahe ein Teil davon zu sein. Manchmal schwächt es sich etwas ab, ist beinahe nur noch in den Baumspitzen existent, meistens aber füllt es den ganzen Wald aus.
Ein großer Teil der Wanderung führt durch Wald, hier und da unterbrochen oder ergänzt von Fernblicken, gegen Ende gibt es dann aber auch den einen oder anderen Wiesenpfad und offeneres Gelände.
Länge der Wanderung: ca. 19 Kilometer
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Der Etappe geht ein rund 3 Kilometer langer Zuweg vom Koblenzer Hauptbahnhof aus voraus. Der Lärm wird aber am Stadtrand von einer Stille abgelöst, die sich mit jedem Schritt mehr manifestiert. Wir stapfen einen schmalen, von Hekatomben von Laub übersäten Pfad hinauf.


Beim Aussichtspunkt Rittersturz. Wie die Bezeichnung schon nahelegt, soll sich hier irgendwann im Mittelalter ein Ritter aus Liebeskummer in den Abgrund gestürzt haben.

Hier auf dem Rittersturz wurde 1948 eine Konferenz abgehalten, in welcher die elf Regierungschefs der neu gegründeten Länder – nach Gründung der Bundesrepublik Bundesländer – der drei westlichen Besatzungszonen zusammenkamen. Unter anderem ging es bei dieser Konferenz um die zuvor in den Frankfurter Dokumenten von den westlichen Siegermächten geforderte Gründung eines Weststaats. Diese wurde von den Regierungschefs jedoch nicht befürwortet, da man eine Spaltung Deutschlands befürchtete.

Blick vom Rittersturz flussabwärts. Da sich am Rande der Böschung ein abgesperrtes Areal befindet, ist die Aussicht etwas eingeschränkt.

Auf dem Rittersturz befindet sich der eigentliche Startpunkt dieser Etappe des Rheinburgenweges. Eine ganze Weile laufen wir nun über schmale Pfade. Das Herbstlicht fällt schräg durch die Bäume, auf den Wegen ruhige Schatten. Es ist warm wie im Frühling.

Von Laub umzingelter Steg

Nächster Aussichtspunkt, und wieder der Blick flussabwärts.

Gehen ist ein kaum zerstörbares Stück Freiheit.

Schon wieder ein Fernblick, unglaublich! Diesmal schauen wir flussaufwärts.

Wir inhalieren sozusagen den Herbst.

Mittlerweile sind die Wege deutlich breiter geworden, und das bleibt auch erst einmal so.

Blick auf Schloss Stolzenfels. Schräg gegenüber mündet die Lahn in den Rhein.


Traumherbsttag

Der längste Anstieg des Tages, der aber weit davon entfernt ist, schwierig zu sein. Wir haben nullkommanull Eile. Im Grunde lassen wir uns von den Wegen tragen.



Ich glaube, man kann das heute als Realität gewordenen Wanderertraum bezeichnen.

Nichts regt sich. Einmal sehen wir von weitem eine Frau durch den Wald hasten, sonst sieht das um uns herum eher aus, als hätte jemand den Lauf der Dinge auf unbestimmte Zeit angehalten.

Abstecher zu den Überresten eines gallo-römischen Merkurtempels

Zurück auf der Hauptroute

Nach vielen Kilometern mehr oder weniger breiter Waldschneisen endlich wieder schmale Pfade. Zunächst etwas schwer begehbar, da uneben, matschig, abschüssig und als unerquickliche Zugabe auch noch unter dem Laub versteckte Steine, dann aber angenehm und beinahe malerisch.


Und noch mal ein Fernblick, schon deutlich weiter im Tal als die Fernblicke zuvor.

Gegen Ende dann sogar mal offene Landschaft

Der Königsstuhl oberhalb von Rhens, der eng mit der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches verbunden ist, da hier im Mittelalter Verhandlungen mächtiger deutscher Kurfürsten zur Königswahl stattfanden.

Auf dem Weg zum Bahnhof in Rhens




















